Kinderarmut spielt im Wahlkampf kaum eine Rolle
AWO, ZFF und Bundesjugendwerk der AWO stellen Factsheets zur Überwindung von sozialer Ungleichheit in Kindheit und Jugend vor
Alle reden über die Wirtschaft – aber wer spricht über Kinderarmut? Nach Jahren der politischen Auseinandersetzung um die Kindergrundsicherung scheint das Thema „Kinderarmut“ im Wahlkampf derzeit kaum eine Rolle zu spielen. Das muss sich ändern, finden Arbeiterwohlfahrt (AWO), Zukunftsforum Familie (ZFF) und das Bundesjugendwerk der AWO.
Heute veröffentlichen die drei Verbände das erste von 12 Factsheets zur Armut von Kindern und Jugendlichen. Die Datenblätter erläutern Hintergründe und sozialpolitische Lösungswege. Das Bündnis sieht sie als Auftrag an die zukünftige Bundesregierung, entschieden gegen soziale Ungerechtigkeit in Kindheit und Jugend vorzugehen: awowaehltdemokratie.awo.org.
Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, betont: „Aufwachsen in Armut bedeutet sehr konkrete materielle Entbehrungen – das erleben wir jeden Tag in den vielen Kindertagesstätten, den Jugendmigrationsdiensten und in vielen anderen Einrichtungen, die die AWO als Träger der Kinder- und Jugendhilfe bereithält. Dabei ist für uns als AWO klar: Armut ist kein individuelles Versagen, sondern sie hat strukturelle Gründe. Daher erwarten wir von der nächsten Bundesregierung endlich ein konsequentes Vorgehen gegen Kinderarmut durch eine Erhöhung und Vereinfachung der monetären Leistungen, eine dauerhafte Finanzierung von Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur sowie die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens, der die Qualität dort absichert.“
Katharina Zejewski, Vorsitzende des Bundesjugendwerks der AWO, ergänzt: „Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, werden nicht nur in ihrer persönlichen Entwicklung eingeschränkt, sondern ihnen wird auch die Möglichkeit genommen, die Demokratie als gerechte und solidarische Gesellschaftsform zu erfahren. Armut erschwert nicht nur individuelle Lebenswege, sondern ist auch eines der größten Hindernisse für politische und gesellschaftliche Teilhabe. Die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut in Deutschland waren unzureichend. Wir fordern von der kommenden Regierung entschlossene und wirksame Maßnahmen, um allen jungen Menschen ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen.“
Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforums Familie, unterstreicht: „Viel zu viele Kinder, Jugendliche und ihre Familien nutzen ihre Ansprüche auf sozialrechtliche Leistungen nicht. Viele wissen nicht, was ihnen zusteht, schämen sich, die Unterstützung zu beantragen, scheuen die bürokratischen Hürden oder wissen schlichtweg nicht, wie und wo sie den Beistand erhalten können. So leben mehrere Hunderttausende von Familien in verdeckter Armut und unter dem Existenzminimum – trotz der Rechte, die ihnen zustehen. Es ist höchste Zeit, dass jedes Kind und jeder Jugendliche die Chance auf ein Leben ohne materielle Entbehrungen erhält.“